Als Joint, in einer Bong, in einem Vaporizer, in Cookies, Brownies oder Gummibärchen – es gibt viele Arten, Cannabis zu konsumieren. Nur eines haben sie alle gemeinsam. Sie sind in der Europäischen Union verboten. Zwar gesellt sich nun auch Deutschland zu den EU-Ländern, die eine partielle Legalisierung anstreben, doch beständig bleibt der Stein des EU-Rechts, der dieser in den Weg gelegt wird. Schon in der Vergangenheit haben Länder wie die Niederlande oder Malta versucht, den Konsum von Cannabis zu legalisieren. Doch immer wieder blockierte die EU diese Schritte. Um eine zumindest teilweise Erlaubnis zu erreichen, müssen sich die Länder Schlupflöcher bauen, die jedoch die Vorteile einer Legalisierung wieder beschränken. Die Versorgung der niederländischen Coffeeshops geschieht so weiterhin auf dem Schwarzmarkt. Eine verpasste Chance.
Finanzielle Vorteile einer Legalisierung
Das europäische Drogenrecht basiert auf einer UN-Konvention, die bereits mehr als 60 Jahre auf dem Buckel hat. Während andere Gesetze mit dem Wandel der Gesellschaft immer wieder angepasst wurden, bleibt das Drogenrecht in der Zeit stehen. Doch in Anbetracht des Gesellschaftswandels sollte nun über eine EU-weite Legalisierung nachgedacht werden. Schon finanziell würde sie sich für die EU auszahlen. Der aktuelle Umsatz des Cannabismarktes in der Europäischen Union wird auf eine Gesamtsumme von 15 bis 35 Milliarden Euro geschätzt. Geld, das aktuell in den Schwarzmarkt läuft und so keinen einzigen Cent an Steuern generiert. Kann Cannabis aber legal verkauft werden, wird dem Schwarzmarkt die Existenzgrundlage genommen und die Staatseinnahmen erhöhen sich. Eine Win-Win-Situation also.
Rechtliche Möglichkeiten einer EU-weiten Legalisierung
Auch rechtlich wäre eine EU-weite Legalisierung möglich. Zwar müssten Gesetze wie das Schengener Durchführungsabkommen und das Strafrecht angepasst werden, doch mit Zustimmung der Mitgliedstaaten ist dies problemlos erreichbar. Auch die erwähnte UN-Konvention ist kein Hindernis. Bei dieser könnte die EU nämlich einfach aussteigen und mit einer Einschränkung für Cannabis wieder eintreten. Hier könnte die Schweiz als Vorbild dienen, in der dies bereits geschehen ist.
Die Realität des Cannabiskonsums
Diskutiert man mit Legalisierungsgegnern, bekommt man meist die ewig gleichen Argumente aufgetischt. Eine Legalisierung würde die Anzahl an Cannabis konsumierenden Menschen explodieren lassen, eine riesige Gefahr darstellen, als Einstiegsdroge eine Epidemie an Drogenabhängigen herbeiführen sowie zudem Kinder und Jugendliche gefährden. Argumente, die Angst schüren, aber nicht die tatsächliche Lage darstellen.
Es scheint einen allgemeinen Glauben zu geben, dass eine Legalisierung einen starken Anstieg an Konsumentinnen und Konsumenten herbeiführen würde. Blickt man jedoch auf den EU-Vergleich, schlägt der Konsum von erwachsenen Menschen in den Niederlanden – wo Cannabis seit den 1970er Jahren gekauft werden kann – nicht nach oben aus. So ist der Anteil an Französinnen und Franzosen, die Cannabis schon konsumiert haben, mit fast 50 Prozent mehr als 20 Prozentpunkte höher als in den Niederlanden. Auch in den Vereinigten Staaten kann kein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer Legalisierung und einem erhöhten Konsum festgestellt werden.
Gesundheitsrisiken im Vergleich
Weiterhin gilt Cannabis bei vielen Gegnern als gefährliche Droge, die viele sogar mit chemischen Rauschmitteln gleichstellen. Natürlich ist Cannabis kein Gemüse. Gesundheitsschädigungen der Lunge und – besonders bei Jugendkonsum – des Gehirns sind nicht zu unterschätzen. Doch diese Gefahren sollten auch im Kontext anderer, legaler Drogen gesehen werden. So sollte man im Hinterkopf behalten, dass Alkohol und Nikotin jährlich jeweils mehrere Millionen Menschen töten, wohingegen keine Todesfälle durch Cannabis bekannt sind. Denn um eine letale Überdosis zu erreichen, müsste ein Mensch innerhalb von 15 Minuten etwa 680 Kilogramm Cannabis rauchen – das entspricht in etwa dem Gewicht einer ausgewachsenen Kuh. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeit von Cannabis ist niedriger als die von Nikotin oder Alkohol. Man muss also fragen, ob eine Substanz, die weniger gesundheitsschädigend ist als legale Drogen, nicht auch unter dieselbe Eigenverantwortung wie diese fallen sollte.
Gefahren des illegalen Verkaufs
Nicht zu unterschätzen ist jedoch die Gefahr, die durch den illegalen Verkauf von Cannabis entsteht. Diese Gefährdung kann mit einem kleinen Gedankenexperiment besonders deutlich gemacht werden. Man stelle sich vor, Alkohol würde von heute auf morgen verboten werden. Der Konsum würde nicht einfach aufhören, aber statt eines staatlich reglementierten Marktes würde ein Schwarzmarkt entstehen. Kaufen Menschen dann illegal gebrannten Alkohol, können sie nicht wissen, wie stark er ist und ob ihm etwas beigemischt wurde. Eben diese Problematik besteht beim Verkauf von Cannabis. Dabei häufen sich beispielsweise Fälle, in denen synthetisches Cannabis beigemischt wird, welches um ein vielfaches gefährlicher ist als sein organischer Nachbar und sogar zum Tod führen kann. Konsumentinnen und Konsumenten haben keine Chance, dies zu erkennen oder die Qualität ihrer Ware zu überprüfen. Ein Risiko, das durch eine Legalisierung gebannt werden könnte.
Der Schutz vor harten Drogen
Durch die Legalisierung könnte die Anzahl an Menschen, die harte Drogen nehmen, sogar verringert werden. Ein sich ebenfalls hartnäckig haltendes Vorurteil ist, dass es sich bei Cannabis um eine Einstiegsdroge handle. Argumentiert wird dabei mit dem Fakt, dass die meisten Menschen, die harte Drogen konsumieren, auch bereits Cannabis zu sich genommen haben. Ein Argument, das nicht mal funktioniert, wenn man beide Augen zukneift. Schließlich geht man auch nicht davon aus, dass Menschen Schnaps trinken, weil sie vorher schon mal ein Radler getrunken haben. Stattdessen könnte durch die Legalisierung die Anzahl an Menschen, die harte Drogen nehmen, sogar verringert werden. Denn der Zugang zu harten Drogen geschieht in der EU häufig durch den Kontakt mit Drogenhändlern für Cannabis. Fragt man in Schweden Menschen, die Cannabis zu sich nehmen, ob sie auch andere Drogen von ihrer Cannabis-Quelle beziehen könnten, antworteten ganze 52 Prozent mit Ja, in den Niederlanden lediglich 14 Prozent. Ist das Ziel also, vor einem Einstieg in harte Drogen zu schützen, wäre dies durch die Verdrängung des Schwarzmarktes möglich.
Mehr Jugendschutz durch Legalisierung
Eine vollkommen verständliche Aversion gegen die Legalisierung von Cannabis entsteht aus der Angst, dass es plötzlich einen höheren Anteil an Minderjährigen geben könnte, die Cannabis konsumieren. Eine Angst, die jedoch unbegründet ist. Im EU-Vergleich ist der Cannabis-Konsum von Schülerinnen und Schülern in den Niederlanden niedriger als im EU-Durchschnitt. Auch in den Vereinigten Staaten wurde bestätigt, dass eine Legalisierung nicht zu einem Anstieg von Jugendkonsum führt, sondern sogar eher zu einem Abfall. Cannabis zu erlauben, führt also sogar zu mehr Jugendschutz, da es dem Schwarzmarkt massiv schwergemacht wird. Und sind wir mal ehrlich – welcher Schwarzmarkt-Dealer fragt schon nach einem Ausweis?
Doch trotz dieser schon lange bekannten Argumente bleibt die EU stur. Ganz nach dem Motto der ehemaligen deutschen Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler: Cannabis bleibt verboten, weil es illegal ist. Höchste Zeit, diese Haltung zu überdenken. Denn Cannabis ist längst in der Gesellschaft angekommen, auch wenn so mancher die Augen vor dieser Lebensrealität am liebsten verschließen möchte. Durch eine Legalisierung wird keinem Kleinkind ein Hasch-Brownie in die Hand gedrückt und keinem Unwilligen ein Joint aufgezwungen. Stattdessen werden die bereits vorhandenen Konsumentinnen und Konsumenten geschützt. Und es wird Geld in die Steuerkasse gespült. Was kann daran schon so falsch sein?
Nico ist ein freiberuflicher Autor mit Schwerpunkt auf der Cannabisindustrie. Er interessiert sich für die Auswirkungen von Cannabis auf die Wirtschaft, die Gesundheit und das Konsumverhalten. Nico möchte alle Standpunkte in objektiven Nachrichtenartikeln darstellen. Er glaubt, dass dies der beste Weg ist, um eine informierte Öffentlichkeit zu schaffen.