Eine Änderung in der Fahrzeuglenkung unter Cannabiseinfluss?
Im ursprünglichen Cannabisgesetz sollten keine Erleichterungen für Autofahrer vorgesehen sein, die unbeeinflusst fahren, aber Tage zuvor Cannabis konsumiert haben. Nach erheblicher Kritik an dieser Regelung scheint sich nun im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) etwas zu ändern.
Ein erwarteter Gesetzentwurf
Vor der Sommerpause wird der Entwurf eines Cannabisgesetzes erwartet, auf den sich alle beteiligten Ministerien der Bundesregierung nach der aktuell noch andauernden Abstimmung geeinigt haben. Das Bundesgesundheitsministerium ist grundsätzlich für das ambitionierte Legalisierungsprojekt verantwortlich. Für den Bereich “Cannabis im Straßenverkehr” ist jedoch das Verkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) zuständig.
Die aktuelle Situation und die Kritik
Bisher gab es aus dem BMDV wenig Bereitschaft, die aktuell geltenden strengen THC-Grenzwerte an die geplante liberalisierte Rechtslage anzupassen. Verkehrsrechtler und Rechtsmediziner fordern seit längerem eine Anhebung des derzeitigen Grenzwertes von 1,0 Nanogramm (ng) Tetrahydrocannabinol (THC) pro ml Blutserum als Nachweis für eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Der aktuelle Grenzwert liegt so niedrig, dass er zwar den Nachweis des Cannabiskonsums ermöglicht, “aber nicht zwingend einen Rückschluss auf eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung zulässt”, erklärten im August 2022 etwa die Verkehrsrechtler des 60. Deutschen Verkehrsgerichtstages.
Die Auswirkungen auf die Fahrer
In der Praxis hat der Wert für die Betroffenen fatale Auswirkungen: Autofahrer, deren Cannabis-Konsum schon länger zurückliegt und die sich nicht im berauschten Zustand ans Steuer begeben, müssen aktuell dennoch mit empfindlichen Sanktionen rechnen. So ist nach § 24a StVG mit mindestens 500 Euro Bußgeld, Fahrverbot, Punkten in Flensburg und – wenn es ganz übel kommt – auch mit dem Entzug der Fahrerlaubnis zu rechnen.
Die Reaktion der Parteifreunde
Nachdem LTO über Wissings Position berichtet hatte, schäumten sogar die eigenen Parteifreundinnen. “Der THC-Grenzwert im Straßenverkehr muss im Zuge der Legalisierung von Cannabis erhöht werden”, hatte die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Liberalen, Kristine Lütke, gegenüber LTO erklärt.
Die mögliche Änderung
Jetzt scheint es so zu kommen, wie es sich Lütke seinerzeit gewünscht hatte, nämlich “dass Verkehrsminister Volker Wissing die THC-Grenzwerte zeitnah überprüfen lässt und sinnvoll nach oben anpasst”. Denn wie das BMDV nunmehr am Donnerstag LTO gegenüber bestätigte, prüft das Ministerium, “wie die Grundlage für einen Grenzwert für Cannabis im Rahmen der Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 24a StVG auf wissenschaftlicher Basis geschaffen werden kann”.
Die geplante Arbeitsgruppe
Geplant ist nun die Einsetzung einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe im Hause Wissing mit Experten aus Medizin, Recht und Verkehr. Diese soll “unter Federführung des BMDV” den THC-Grenzwert im Rahmen des § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) “untersuchen und ermitteln”.
Die FDP-Fraktion jubelt bereits
Ob eine solche Anhebung am Ende realistisch ist? Das BMDV will keine Prognose abgeben. Es bleibt die Beratung und Diskussion in der geplanten Arbeitsgruppe abzuwarten. Dass sich etwas ändern wird, davon geht jedenfalls die FDP-Abgeordnete schon jetzt aus: Bevor auch nur feststeht, wann und mit wem die Arbeitsgruppe mit ihren Beratungen loslegt, feierte Lütke bereits am Donnerstag auf Twitter: “Good News. Im Zuge der Legalisierung von Cannabis werden die THC-Grenzwerte im Straßenverkehr von unserem Verkehrsminister Wissing überprüft und angepasst. Die kontrollierte Freigabe von Cannabis darf nicht durch die Hintertür torpediert werden.”
Es scheint also, dass es in der geplanten Wissing-Arbeitsgruppe nicht mehr um das “Ob” einer Anhebung geht, sondern nur noch um die Frage, wie hoch diese konkret ausfällt.
Quelle
Nico ist ein freiberuflicher Autor mit Schwerpunkt auf der Cannabisindustrie. Er interessiert sich für die Auswirkungen von Cannabis auf die Wirtschaft, die Gesundheit und das Konsumverhalten. Nico möchte alle Standpunkte in objektiven Nachrichtenartikeln darstellen. Er glaubt, dass dies der beste Weg ist, um eine informierte Öffentlichkeit zu schaffen.