Der Bundestag hat am Freitag in Berlin das Cannabis-Gesetz der Ampel-Koalition beschlossen. Es legalisiert den Besitz begrenzter Mengen für Erwachsene. Bei der namentlichen Abstimmung votierten 407 Abgeordnete mit Ja, 226 lehnten das Gesetz ab. Bei 637 abgegeben Stimmen gab es vier Enthaltungen.
Gesetz kommt in den Bundesrat
Das Gesetz kommt abschließend voraussichtlich am 22. März noch in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren abbremsen. Bayern hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dies tun zu wollen.
Gesundheitsminister Lauterbach wirbt für Gesetzentwurf
In der abschließenden Debatte im Bundestag hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für den umstrittenen Gesetzentwurf geworben. Mit der teilweisen Legalisierung sollen seinen Worten zufolge Risiken begrenzt und der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden. Im Interview mit NDR Info sagte der SPD-Politiker, die jetzige Cannabis-Politik sei auf der ganzen Linie gescheitert. Es gebe stetig steigende Konsumzahlen, einen blühenden Schwarzmarkt, Begleitkriminalität und unsichere Produktbeimengungen sowie toxische Konzentrationen. Sein Ziel sei es auch, Kinder und Jugendliche über die Gefahren des Cannabis-Konsums aufzuklären. “Mit der Legalisierung holen wir Cannabis aus der Tabuzone”, sagte Lauterbach. Vom 1. April an sollen Anbau und Besitz bestimmter Mengen für den Eigenkonsum für Volljährige erlaubt sein.
Höhere Strafen für Verkauf an Minderjährige
In der Übergangsphase rechne er mit einem größeren Aufwand bei der Kontrolle. Langfristig würden Polizei und Justiz aber entlastet, weil die vielen kleinen Delikte wegfielen. Zum Kinder- und Jugendschutz verwies Lauterbach darauf, dass das Strafmaß beim Handel verschärft werden soll: “Wer Cannabis an Kinder und Jugendliche verkauft, wird mit einem Strafmaß von ab jetzt nicht weniger als zwei Jahren verurteilt”.
Kritik aus den eigenen Reihen
Für den Gesetzentwurf bekam Lauterbach Gegenwind aus den eigenen Reihen. Seine Parteikollegin Daniela Behrens, Innenministerin in Niedersachsen, sagte im Interview mit NDR Info, der Entwurf sei kompliziert, praxisuntauglich und nehme wesentliche Notwendigkeiten im Bereich Kinder- und Jugendschutz nicht wahr. Die Produktion werde in private Bereiche verlagert. Die Kontrollmöglichkeiten für Polizei und Justiz seien sehr schwierig. Unterstützung erhielt Behrens von ihrem Parteikollegen, Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). Er sagte: “Näher an Kitas zu kiffen, ist kein Beitrag zur Prävention. Der Kinder- und Jugendschutz ist weithin zu schwammig und unpräzise.” Niedersachsens Verbraucherschutzministerin Miriam Staudte (Grüne) lobte das Gesetz dagegen als einen wichtigen Schritt zur Entkriminalisierung.
Kritik aus Schleswig-Holstein und Hamburg
Auch Schleswig-Holsteins Gesundheits- und Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) sieht das Legalisierungsgesetz kritisch. Sie halte die Freigabe von Cannabis für gefährlich, insbesondere mit Blick auf junge Menschen. Zudem befürchtet sie eine zunehmende Belastung der Justiz durch neue Straftatbestände, die verfolgt werden müssten und vor Gericht landeten. Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina kritisierte das schnelle Inkrafttreten der Cannabis-Legalisierung zum 1. April. Zwar sei ihr die eingeschränkte Freigabe der Droge für Erwachsene “ein wichtiges und langjähriges politisches Anliegen”, sagte die Grünen-Politikerin in Hamburg. “Es ist aber sehr schade, dass der Gesetzentwurf nun im Bundestag verabschiedet wurde, ohne dass den Ländern für die Vorbereitung der Umsetzung ausreichend Zeit gegeben wird.” Sie erwarte deshalb noch Auseinandersetzungen im Bundesrat.
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Besitz und Erwerb von Cannabis soll ab 1. April teilweise legal werden. Der Bundestag hat ein entsprechendes Gesetz beschlossen.
Einschätzungen von Experten
Außerdem merkte Niedersachsens Innenministerin Behrens an, dass sich Experten aus Medizin, Justiz und Wissenschaft in den Anhörungen im Bundestag extrem kritisch und eher ablehnend geäußert hätten: “Aber das will man nicht hören. Man will mit dem Kopf durch die Wand.” Behrens ergänzte, es gehe bei der Legalisierung von Drogen immer darum, diejenigen, die damit nicht umgehen können, gut zu schützen.
Jens Reimer, Facharzt für Psychiatrie am Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg, lobte dagegen das Gesetz im Interview mit NDR Info als Schritt in die richtige Richtung – auch wenn es eine Kompromisslösung sei, die noch viele Fragen nach sich ziehe. Ihm sei wichtig, dass Menschen, die Cannabis konsumieren, nicht kriminalisiert werden. Ähnlich wie beim Alkohol müsse man sich aber damit auseinandersetzen, wie man risikoarm konsumieren kann.
Die Ärztekammer in Hamburg lehnt die Legalisierung von Cannabis ab. “Aus medizinischer Sicht ist völlig klar, dass Cannabis-Konsum insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen negative Folgen für Gedächtnis- und Lernleistungen hat”, sagte Kammerpräsident Pedram Emami am Freitag. “Mir ist daher unerklärlich, warum der Gesetzgeber hier keine strengeren Vorschriften vorsieht.” Das geplante Gesetz reiche in puncto Jugendschutz nicht aus.
Karl Dietrich Mäurer betonte, dass die gesellschaftliche Realität akzeptiert werde. Denn trotz drohender Strafen konsumierten 4,5 Millionen Menschen in Deutschland Cannabis.
Hans-Joachim Vieweger warnte dagegen vor den gesundheitlichen Folgen des Cannabis-Konsums, insbesondere bei jungen Menschen.
Daniela Behrens und Andreas Philippi kritisieren die Teil-Legalisierung. Lob kommt aus dem Landwirtschaftsministerium.
Die Hamburger Ärztekammer ist gegen die vom Bundestag beschlossene Cannabis-Legalisierung. Für Polizei und Justiz entsteht ein erheblicher Mehraufwand.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es grundsätzlich Zustimmung für die Legalisierung von Cannabis – so auch von Innenminister Pegel.
Menschen, die Cannabis konsumieren, dürften nicht kriminalisiert werden, sagt Jens Reimer, Facharzt für Psychiatrie am UKE. Einen risikofreien Konsum werde es aber nie geben.
Bis zu 100 Tonnen Cannabis jährlich sollen auf einem ehemaligen NVA-Gelände in Relzow bei Anklam angebaut werden.
Zwei Göttinger haben eine Cannabis-Anbauvereinigung gegründet und für die gesundheitliche Aufklärung einen Experten mit ins Boot geholt.
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