“VERSCHIEDENE PERSONEN, GLEICHES INTERESSE” ODER DAS PROJEKT FÜR DIE ZUKUNFT DER CANNABISPOLITIK?
„DIFFERENT PEOPLE SAME INTEREST““ ODER DAS PROJEKT FÜR DIE ZUKUNFT DER CANNABISPOLITIK?
Foto von Jakayla Toney auf Unsplash

In einer belebten Straße im Züricher Stadtkreis 6, rechts der Limmat, steht neben einem Schweizer Nobelrestaurant und gegenüber von einem pakistanischen Imbiss ein rostrotes Gebäude mit großen Fensterfronten und dunkelgrünen Fensterläden. Im September wird in diesen Räumlichkeiten nicht nur ein neues Café, sondern auch einen Cannabis Social Club eröffnet.

Ein Cannabis Social Club für gesellschaftlichen Konsum

Ein Cannabis Social Club darf dabei nicht mit einem Cannabis Club verwechselt werden. Zwar führen auch viele Vereine in Deutschland den Begriff “Social” im Namen, doch nach dem Entwurf des CanG soll es den Mitgliedern der geplanten Anbauvereine in Deutschland zwar erlaubt sein, Cannabis gemeinschaftlich zu produzieren, nicht aber, es in geselliger Runde vor Ort zu konsumieren.

Anders in der Schweiz, die bereits Mitte Mai 2021 das Betäubungsmittelgesetz geändert hat und in diesem Zuge Pilotversuche zur kontrollierten Abgabe von Cannabis zu „Genusszwecken“ ermöglichen will. Bald geht es in der Stadt Zürich los. Denn nach über zwei Jahren des Wartens soll Ende August in Zürich das Pilotprojekt „Züri Can – Cannabis mit Verantwortung“ mit der Abgabe von Cannabis an die Proband*innen starten.

MANY’s Social Club: Ein Ort für legalen Cannabis-Konsum

In der Stadt soll es 21 Abgabestellen geben, neben zehn Apotheken und der Drogenberatungsstelle auch zehn Cannabis Social Clubs – darunter MANY’s Social Club. In dessen Räumlichkeiten können die Projektteilnehmer*innen dann legal Cannabis beziehen und vor Ort gemeinschaftlich konsumieren. Im Gegensatz zum Bezug durch Apotheken, stehe das gesellschaftliche Miteinander und der sichere Konsum im Vordergrund, erklärt Massimo, einer der Gründer von MANY’s Social Club.

Die Entstehung von MANY’s Social Club

Hinter dem MANY’s Social Club steht ein vielfätiges Team aus fünf Personen – Massimo Castellucci, Puneh Ganji, Noé Lindenmeyer, Stefan Gubser, Paulo Romero – mit unterschiedlichen Werdegängen. Gerade deshalb seien sie eine “perfekte Mischung”, so Massimo. Ihre Expertise reicht von Marketing über Hygiene- und Logistikkonzepte bis hin zu jahrzehntelanger Lebens- und Vereinserfahrung.

Wie Massimo beschreibt, handele es sich bei dem Vorhaben um eine Herzensangelegenheit: “Also für uns steckt sehr, sehr viel Persönliches hinter MANY’s Social Club.” Bevor die Gesetzesänderung und die Bewilligungen kamen, ist Many gestorben. Die heutigen Vereinsgründer*innen hätten sich – wie es in ihrem Slogan heißt – „different people same interest“ – vorgenommen, das Interesse von Many weiterleben zu lassen.

Die Produkte und der Verkaufsstart

Bei den zwei Großproduzenten handelt es sich nach Angaben der Stadt Zürich um Swissextract und Pure Production. Swissextract produziert fünf Sorten, davon drei Cannabisblüten- und drei Haschsorten. Auch Pure Poduction produziert jeweils zwei Cannabisblüten- und zwei Haschsorten. Alle Sorten weisen dabei ein anderes Verhältnis von THC und CBD auf. Die Preise bewegen sich zwischen 7,20 -9,60 CHF pro Gramm.

Vor dem Verkaufsstart Ende August müssen die ausgewählten Social Clubs ihre Räumlichkeiten organisieren. Hierbei seien die Gründer*innen auf sich allein gestellt. Ende Juni sei MANY’s bei der Suche schließlich fündig geworden. “Jetzt haben wir glücklicherweise ein wirklich typisches Social Club Lokal gefunden.”

Das Feeling eines Social Clubs

Während sich andere Social Clubs in Büroräumlichkeiten einmieten oder einen Stand in einem Clubflur aufstellen, will MANY’s Social Club den Konsument*innen mehr bieten: So sollen die neu angemieteten Räumlichkeiten zu den Hauptgeschäftszeiten als Social Club und ansonsten als gastronomisches Lokal genutzt werden.

“Wir werden dann natürlich auch Getränke, Snacks wie Nachos anbieten und verschiedene Anlässe durchführen. Genau das verstehen wir unter dem Feeling eines Social Clubs”, erklärt Massimo.

Unterschiede zwischen Cannabis Social Clubs und Cannabis Clubs

Ein weiterer Unterschied zwischen den Schweizer Cannabis Social Clubs und den Cannabis Clubs in Deutschland bilden die Großproduzenten: Während die Cannabis Social Clubs in Zürich ihre Produkte von Großproduzenten beziehen, sieht der Gesetzgeber in Deutschland in der ersten Säule die Entkriminalisierung von Cannabis für den privaten Eigenbedarf vor.

Das Ziel der Cannabis Social Clubs

Für Massimo liege das Ziel der Cannabis Social Clubs darin, die Meinungen über Cannabis in der Gesamtgesellschaft zu verändern. “Von Anfang an war unser Ziel, dass unser Social Club keine Kifferhöhle wird, sondern ein Verein für die Gesellschaft – der wir einen Safe Space bieten wollen.”

Kostenübernahme und Regeln

Das Pilotprojekt wird von der Stadt Zürich finanziert. Die Vereine selbst sind auf sich allein gestellt. Das Projekt MANY’s Social Club finanziert sich durch Eigenkapital und Spenden, bis der Gastrobetrieb startet.

Um insbesondere einen risikoarmen, schadstofffreien und bewussten Konsum zu ermöglichen, müssen zahlreiche Regeln und Rahmenbedingungen eingehalten werden, die durch das Pilotprojekt vorgegeben werden.

Künftige Cannabispolitik?

Die erste Etappe der Vision der Gründer*innen sei damit erreicht. Massimo ist überzeugt, dass die Gesellschaft von dieser Studie profitieren werde. Diese werde die notwendigen wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine zukünftige Cannabispolitik in der Schweiz liefern und könnte somit zu einem Meilenstein werden. Gleichzeitig lässt diese Entwicklung einen kleinen Hoffnungsschimmer für die geplante erste und zweite Säule des CanG-Entwurfs in Deutschland aufkommen – und man fragt sich: Will auch in diesem Fall Gut Ding Weile haben?

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