Wenn es um Argumente für die Legalisierung von Cannabis und Hanf geht, stehen die Mehreinnahmen für den deutschen Fiskus zumindest in der Politik natürlich an erster Stelle. Der Ökonom Professor Dr. Justus Haucap von der Düsseldorfer Universität hat im Auftrag des DHV eine neue Studie dazu durchgeführt und die Ergebnisse stehen für sich: er schätzt die Steuer-Mehreinnahmen auf über eine Milliarde pro Jahr. Die vollständige Studie soll auf der CannabisNormal! Konferenz Mitte November vorgestellt werden, ein paar Details sind aber bereits jetzt bekannt geworden.
Legalisierung: Mehr Steuereinnahmen bei weniger Kosten
Der deutsche Staat würde also nicht nur mehr Steuern einnehmen, sondern weitere äußerst positive wirtschaftliche Effekte würden durch eine mögliche Legalisierung in Kraft treten. Neben den genannten fiskalen Effekten, entfallen beispielsweise auch die sogenannten Repressionskosten, die Kosten also, die für die Strafverfolgung bei Cannabisdelikten anfallen. Und die sind gar nicht so ohne: die Statistik zeigt, dass alleine 2018 insgesamt knapp 200.000 Straftaten im Cannabis-Umfeld zur Anzeige gebracht wurden. Interessant dabei: knapp 85% der Straftaten sind sogenannte “konsumnahe Vergehen”, d.h. Vergehen, die viel Verwaltungsaufwand mit sich bringen, aber am Ende des Tages doch nicht strafrechtlich verfolgt werden, da es sich meist um Kleinmengen und damit Eigenbedarf handelt.
Haucap geht davon aus, dass alleine der zeitliche Aufwand (und die damit verbundenen (Lohn)kosten), der eingespart werden würde, ebenfalls einem 10-stelligen Eurobetrag entsprechen könnte. Wenn wir jetzt einfach mal fixe Zahlen ansetzen und von 1 Milliarde Euro zusätzlicher Steuereinnahmen ausgehen, plus 1 Milliarde Euro Einsparungen, dann sind wir bereits bei 2 Milliarden Euro zusätzlich. Und das sind alles reine Schätzwerte, weil der aktuelle Cannabis-Schwarzmarkt nur sehr schwer zahlentechnisch erfassbar ist. Gerade bei den Steuereinnahmen, könnten leicht auch weitere Milliarden hinzu kommen, vor allem im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung.
In der aktuellen Studie werden die Berechnungen der Steuereinnahmen durch Cannabis-Legalisierung auf Annahme eine jährlichen Durchschittsverbrauchs von 250 Tonnen Cannabis durchgeführt. Es gibt aber durchaus andere Schätzungen, die bei 600 Tonnen jährlichem Verbrauch in Deutschland liegen. Dann lägen die Steuereinnahmen sogar schon deutlich über 2 Milliarden Euro.
Professor Haucap war im Übrigen Ende September 2018 durch Erwin Rüddel, den Vorsitzenden des Ausschusses für Gesundheit des deutschen Bundestags, zu einer Anhörung zum Thema “Cannabis” geladen. Seine schriftlich Stellungnahme dazu ist sehr lesenswert und hier verfügbar:
Download PDF: Stellungnahme Prof. Haucap
Mehr Steuereinnahmen, weniger Kosten und zusätzliche positive Wirtschaftsfaktoren
Mit mehr Steuern und weniger Repressionskosten haben wir aber noch immer nicht alle Vorteile einer Legalisierung auf dem Tisch. Es gibt weitere wirtschaftliche Faktoren, die für das Ende der Illegalität sprechen.
neue Wirtschaftszweige durch Cannabis Legalisierung
Schon jetzt kann man in Märkten in den Cannabis legal ist sehr deutlich sehen, dass sich ganz neue Wirtschaftszweige entwickeln, denn Cannabis ist nicht nur als Rauschmittel populär, auch in der Industrie, Kosmetik und Medizin findet Hanf vielfältige Anwendung. Alleine in der Produktion der benötigten Mengen werden tausende neuer Arbeitsplätze entstehen. Dann folgt die Verarbeitung, Vertrieb und Verkauf. Und auch abseits des Produktes Cannabis an sich entwickeln sich neue Wirtschaftszweige. So hat TV-on-demand Marktführer NETFLIX das Thema für sich entdeckt und eine neue Kochshow mit dem Namen “Cooking on high” entwickelt, die mit deutschen Untertiteln unter “Kochen mit Cannabis” als Serie für deutsche Netflix-Kunden verfügbar ist.
zusätzliche Arbeitsplätze
Wenn neue Wirtschaftszweige entstehen, kommen fast automatisch auch neue Arbeitsplätze hinzu. Für den deutschen Arbeitsmarkt wäre eine Legalisierung ein Segen. Landwirte, die aktuell um ihre Existenz bangen müssen, könnten im Hanfanbau einen Neubeginn finden (und müssten auch nicht mehr großflächig subventioniert werden). Laut aktueller Studie geht Haucap davon aus, dass sich die Zahl der neuen Arbeitsplätze sogar durchaus im fünfstelligen Bereich bewegen können.
Cannabis-Freigabe nach wie vor umstritten
Um die angesprochenen positiven Effekte in Sache Steuern, Kosten und Arbeitsmarkt aber realisieren zu können, bedarf es zunächst einer Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Und die ist nach wie vor umstritten und der Weg dorthin ist sicher noch ein langer. Vor allem die deutschen Apotheker stehen der Entkriminalisierung zwiespältig gegenüber, denn die Abgabe von medizinischem Cannabis ist ja bereits seit 2017 erlaubt, sofern ein entsprechendes Rezept vorliegt.
Die Apotheker bemängeln allerdings, dass aktuell einfach noch zu wenig Erfahrung und Expertise den Verkauf und die Beratung erschweren. Und vermutlich stehen sie einer vollständigen Legalisierung auch nicht unbedingt unbefangen gegenüber. Denn sollte Cannabis tatsächlich legal und nicht mehr verschreibungspflichtig werden, befürchten die Apotheker natürlich zunehmenden Wettbewerb in einem Markt, der aktuell ihnen alleine vorbehalten ist. Siehe dazu auch: https://www.leafly.de/apotheker-cannabis-sinnvoll/
Des Weiteren stützen sich viele Gegner einer Legalisierung immer noch auf die sogenannte Gateway-Hypothese, die besagt, dass Cannabis die Einstiegsdroge schlechthin sei. Die Theorie ist nicht ganz falsch, allerdings haben aktuelle Studien unabhängig voneinander gezeigt, dass die Gateway-Hypothese wenn überhaupt nur auf Jugendliche zutrifft, die schon sehr jung mit dem Cannabis Konsum begonnen haben.
Weitere Ressourcen und Quellen:
Nico ist ein freiberuflicher Autor mit Schwerpunkt auf der Cannabisindustrie. Er interessiert sich für die Auswirkungen von Cannabis auf die Wirtschaft, die Gesundheit und das Konsumverhalten. Nico möchte alle Standpunkte in objektiven Nachrichtenartikeln darstellen. Er glaubt, dass dies der beste Weg ist, um eine informierte Öffentlichkeit zu schaffen.